Heimat

Abgründig - dunkel - morbide - romantisch - elegant Für Galerien, überall wo Lesungen und Kunstveranstaltungen stattfinden. Nichts für fröhliche Feiern oder Menschen, die den Tod fürchten.

Wem zu „Heimat“ nicht Heino einfällt und wer sich nicht heimisch fühlt, wenn´s heimelig wird, findet vielleicht Gefallen an der unheimlichen Seite der Heimat:
An dunstigen Wäldern, morastigen Tümpeln, finsteren Gassen und dunklen Geheimnissen.
Geschichten aus der Geschichte, wie sie passiert sind oder hätten passieren können, werden beschrieben, besungen und bebildert, dass es einem die Schauer über den Rücken jagt.

31 Bilder (je 50 x 50, Acryl auf Leinwand) führen Sie in die Vergangenheit.
Schauen Sie zurück auf uralte Bäume, verfallene Häuser, verwunschene Gärten, verzauberte Bäume oder in schmale Gassen.
Und raten Sie, was dort geschehen sein mag. – Was hat es mit dem Mühlrad auf sich und was trug sich zu in der Hütte am Wald?
Anja Es erweckt ihre Bilder zum Leben und erzählt Ihnen ihre dunkle Geschichte.

Die Zuschauer sind aufgefordert, sich ein Bild, das sie anspricht, auszusuchen und den Stein mit dem Titel des Bildes zu nehmen.
Im Laufe des Abends kann der Stein dann bei mir abgegeben werden und die Geschichte zu dem Bild wird von mir gelesen.
Umrahmt wird die Performance von einer Sopranistin, die Arien und Lieder aus dem 18. Jahrhundert singt.
Damit der Abend einen positiven und freundlichen Ausklang findet, werden – als Überraschung - am Ende mit allen Besuchern zwei Heimatlieder gesungen.

Der Narrenbaum

 
Der Narrenbaum will nicht fallen.
Über dreihundert Jahr soll er sein und immer noch am Leben.
Jedes Frühjahr treibt er grün und im Winter trägt er das Eis in Stille.
Wenn er knarrt und stöhnt im Sturm oder knistert vor Durst, im Sommer,
ahnt man das Ende – und doch saugt er gierig den Regen und in den Blättern sitzen Vögel.
Wo immer ihm die Säge einen Arm nimmt, sprießen mit unbändiger Kraft neue Triebe und manche glauben, er sei ewig.
Niemand weiß, was ihm die Kraft gibt doch es heißt, es sei der Geist der Narren,
die in alten Zeiten in Käfigen dort hochgezogen wurden und dem Gespött der Leute freigeben waren.
Und die Narren spotteten zurück, nahmen die Bürger auf´s Korn und die Wohlanständigkeit und den Edelmut.
Faule Eier und Unrat warfen die Bürger hinauf und närrische Verse spieen die Narren hinab.
Moritate und Musik, Lieder und Gedichte wurden geschaffen in diesem Baum von Narren in ihrer Not.
Und so, wie die Narren niemals sterben, stirbt auch nicht der Baum.


 

In Demut, fromm und still

 
In Demut, fromm und still soll auch die Magd Gerlinde Holms gestorben sein.
Auf Knien fand man sie, die Hände noch gefaltet, die Stirn in den Schnee gedrückt vor der Hintertür.
Kaum 14 Jahr alt hatte der fromme Vater sie zur Mission ausgeschickt,
durch Eiswind und Schnee und wer sie einließ, dem las sie aus der Heiligen Schrift.
Viele hatte die gläubige Magd bekehrt in einem Jahr zu Gottes Wort
und als es wieder Winter war, da erzählte sie dem Vater, ihr habe geträumt, sie sei auserkoren, die Ungläubigen zu Seligen zu machen.
Da machte sie sich auf den Weg, zwei Tage durch den Wald und man sagt, der Winter war so bitter und hart, wie seit hundert Jahren nicht.
Und als sie ihn schließlich fand, den Eremit, den Ungläubigen, den Wilden, und an seine Tür klopfte, und rief und bat und um Einlass flehte,
da öffnete er nicht und seine Furcht starrte hinter dem Fenster das Mädchen an.
Und als nach Tagen der Vater es fand, ganz von Eis überzogen und mit Raureif im Haar, da konnte er sie nicht an sich ziehen,
denn sie war selbst zu Eis geworden.
Kniend, mit gesenktem Haupt wurde sie auf den Karren geladen;
kniend wurde sie in der kalte Erde gelegt;
und auf Knien ist sie auch ihrem Schöpfer begegnet.
 

Die Manneskraft

 
Die Manneskraft wüchse selbst bei Greisen und Schwächlingen, hieß es, wenn man das Wasser,
das bei Regen an der Nordseite des Stammes herunterlief, auffing und an richtiger Stelle auf die Haut bringe.
Man sprach nicht darüber und doch wussten alle aus der Gegend, was es mit der Linde auf sich hatte. Und niemand zweifelte.
Und als der alte Hansmeier mit über achtzig noch mal seine Magd schwängerte, sangen die Kinder im Dorf:
„Gerlinde, vom Gesinde, trägt im Bauch ein Kinde, das hat sie von der Linde!“
Nur beim Schlachter wollte es nicht klappen und alles Lindenwasser half nicht, den Spott seiner Frau zu ertränken,
die allen erzählte, dass sein Herz zwar hart, alles andere aber weich sei.
Da tränkte er in seinem Zorn die Linde mit ihrem Blut und es heißt, seitdem habe sich ihre Wirkung noch verstärkt.